Das neue Jahr der Schwimmer beginnt alljährlich mit den Bayerischen Meisterschaften über die „Langen Strecken“.
Die 50m Schwimmhalle in Bayreuth ist ein traditioneller Standort für diese Meisterschaften, da in Bayreuth die 50m Halle mit 8 Bahnen und einem separaten Sprungbecken mit 1m, 3m und 5m Turm vom ortsansässigen SV Bayreuth seit vielen Jahren, mit großem Erfolg für die Stadtgesellschaft betrieben wird. Direkt neben der Schwimmhalle ist das überdachte Eisstadion, wiederum daneben die Oberfranken-Halle, in der u.a. die Bundesliga-Basketball Mannschaft spielt. Ein Sportzentrum der Extra-Klasse wird hier den Bayreuther Bürger:innen seit vielen Jahren geboten.
In Fürstenfeldbruck kann man von solchen Trainingsmöglichkeiten nur träumen, dennoch schwimmen die Wasserratten seit einiger Zeit ziemlich erfolgreich, auch auf bayerischer Ebene mit Schwimmer:innen aus solchen Vereinen mit.
Der aktuelle Shooting Start der Wasserratten ist erst 10 Jahre alt, heißt Giulio Carraturo, wohnt in Puchheim und besucht das Max-Born-Gymnasium in Germering.
Es ist schon bemerkenswert, wenn man den Werdegang von Giulio beobachtet. So startete Giulio vor einigen Jahren im klassischen Seepferdchen Kurs der Schwimmschule der Wasserratten. Nach erfolgreicher Seepferdchen-Prüfung, ging es direkt in den Piratenkurs und dort wurde man auf das Talent und auch den Ehrgeiz des jungen Schwimmers aufmerksam. Die Minions, die Wettkampf-Mannschaft der Jüngsten mit Trainerin Sabrina Kral war dann die nächste Station und dann ging es in das Junior Team 1. Trainerin Nadine Kluge, immer noch Halterin einiger Vereinsrekorde auf den langen Strecken beim SVFW, wurde dann das perfekte Match für Giulio.
In vielen Einheiten wurde an der Technik, aber auch an der Ausdauer gefeilt und Zug um Zug, machte Giulio die nächsten Schritte. Bereits im Sommer 2022 überzeugte er durch Top-Platzierungen bei den Oberbayerischen und Bayerischen Jahrgangs-Meisterschaften.
Im Herbst 2022 stand dann der Schulwechsel auf das Gymnasium an, was sich aber weder auf das Trainingspensum noch auf seinen Ehrgeiz negativ auswirkte. Natürlich muss man solche junge Überflieger ab und ein einfangen, aber nicht nur Nadine, auch Stefan Sponer und Sandra Bertram haben hier, auf ihren jungen Vor-Schwimmer, immer ein Auge, aber auch ein Ohr für ihn.
„Giulio ist einer der größten Talente, das wir seit Jahren haben“, so Stefan Sponer, der selbst ja Ende der 1970er Jahre als junger Schwimmer besonders die langen Strecken geliebt hatte. „Giulio hat Talent, aber noch viel mehr einen hohen Lernwillen, einen enormen Ehrgeiz und man kann ihn wirklich herausfordern. So haben wir bereits im Ostern-Trainingslager 2022 in Frankreich ihn mit der „200m Schmetterling Challenge“ herausgefordert. Giulio ist dann fast jeden Abend, am Ende von 2 x 2 Stunden Wassertraining die 200 Schmett geschwommen, jeden Tag ein bisschen schneller, aber vor allem immer konsequent und komplett! Nadine Kluge sorgt dafür, dass sein Ehrgeiz ihn nicht hemmt, denn er will immer gewinnen, er schaut sich seine Konkurrenz immer sehr genau an. Hier muss Nadine ihn ab und an einbremsen, denn das Wichtigste in seinem Alter ist ein vernünftiger Aufbau, eine permanente Verbesserung der Schwimm-Technik, der Startsprünge und Wenden. Und natürlich muss man viel Erfahrung bei der Renneinteilung sammeln, vor allem bei den langen Strecken ist dies sehr wichtig.“
Mit einer enorm hohen Erwartungshaltung fuhren somit Nadine Kluge und Giulio am Freitag, 20.1.2023 nach Bayreuth. Es ist schon bemerkenswert, dass man den ersten Wettkampf-Tag einer zwei Tages-Veranstaltung auf einen Schultag legt, denn offenbar geht man beim BSV davon aus, dass nur Kinder und Jugendliche, die ein Sport-Gymnasium oder ähnliches besuchen, sich für solche Meisterschaften qualifizieren. Glücklicherweise erteilte das Max-Born-Gymnasium Giulio problemlos die Schulbefreiung für diesen Tag.
1500m Freistil, 30 Bahnen auf der 50m Bahn, dass ist nach wie vor die längste olympische Strecke im Becken.
Mit einer Zeit von 23:03,68 Minuten holte Giulio gleich beim ersten Start den ersten Titel. Mit einem Vorsprung von ca. 25 Sekunden auf seinen Kontrahenten Jan Deters vom DJK Sportbund München, schwamm Giulio ein starkes Rennen, welches er vor allem durch sein sehr hohes Anfangstempo souverän gestalten konnte. Mit dieser Zeit belegt der junge Puchheimer aktuell Rang 6 in der bundesweiten Rangliste in seinem Jahrgang.
Am Samstag standen dann die 400m Lagen als erstes Rennen auf den Wettkampf-Kalender. 100m Schmetterling, 100m Rücken, 100m Brust und 100m Freistil, in dieser Reihenfolge werden 400m Lagen geschwommen. Mit Disma Devoto aus Ingolstadt und Jan Deters aus München waren diesmal 2 Konkurrenten vor Giulio, der in einer dennoch guten Zeit von 6:48,25 Minuten Platz 3 belegen konnte. Etwas enttäuscht war Giulio dennoch, denn er lag lange vor Jan Deters, konnte aber auf der Bruststrecke dem schnellen Brustschwimmer Deters nicht mehr folgen. Ein 13. Platz in der bundesweiten Jahres-Bestenlisten in seinem Jahrgang zeigt aber auch, dass Giulio auch hier wirklich schnell unterwegs war.
Zum Abschluss startete Giulio auch noch über die 800m Freistil und konnte dort, nur 4 Sekunden hinter dem Sieger Disma Devoto aus Ingolstadt Platz 2 belegen. Vielleicht lag es an seinem Wettkampf-Programm von insgesamt 2700 Metern, denn Devoto startete nicht über die 1500m Freistil, dass Giulio in diesem Rennen die ersten 500m etwas zu langsam angegangen ist und Devoto, der sehr schnell zu Beginn schwamm, nicht mehr einholen konnte. Wie schnell die beiden Burschen schwammen, zeigt ein Blick auf die DSV Jahres-Bestenliste. Hier belegt Giulio mit seiner Zeit von 11:46,86 min, direkt hinter Devoto, Platz 5.
Natürlich ist man beim SVFW sehr stolz auf diese tollen Leistungen und ein kompletter Medaillen-Satz ist eigentlich das Schönste, was man von so einer Meisterschaft mit nach Hause bringen kann.
Ebenso am Start war Maida Stark aus Emmering. Maida, die für die 800m Freistil gemeldet war, konnte leider nicht ganz ihre persönlichen Erwartungen erfüllen. In einer Zeit von 11:43,44 min kam die junge Langstrecken-Spezialistin auf Platz 21 in Ihrem Jahrgang 2010. Trainerin Franziska Müller, ebenso wie Nadine Kluge, Halterin von diversen Vereinsrekorden bei den Wasserratten, hatte mit eine etwas schneller Zeit gerechnet, die auf Grund der Trainingsleistungen auch realistisch zu erwarten war. „Nicht jeder Tag ist gleich, die jungen Schwimmerinnen müssen ihre Erfahrungen machen und Maida hat sich in 2022 derartig gut weiter entwickelt, dass sie sich den Start in Bayreuth auch verdient hat.“
Einmal mehr hat das Trainer-Team des SVFW gezeigt, dass man auch mit maximal 4 Wassereinheiten pro Woche und einer Turnhallen Einheit in Bayern vorne mitschwimmen kann und dass das Ausbildungs-System der Wasserratten immer neue, sehr gut ausgebildete Schwimmer hervorbringt.